Die Musiker und Sänger von Oper und Gewandhaus haben es vermeintlich am leichtesten: Sie nehmen sich zu Hause ihr Instrument und spielen oder singen ein tägliches Pensum. So machen es beispielsweise Cellist Stefan Wünsch, der mit seinen Kindern sogar ein Publikum hat, oder Sopranistin Lilli Wünscher von der Muko, die mit ihrem Ehemann Randall Jakobsh - einem Sänger der Oper Leipzig - daheim zusammen probt (zu sehen im Video unter www.youtube.com/watch?v=yuOEfP8yxRg).
Tanzen an der Küchenzeile
Baletttänzer wie Luke Francis müssen sich dagegen beim Üben als Ersatz für die Stange im Ballettsaal mit der heimischen Küchenzeile arrangieren. Dennoch ist er im Gegensatz zu seinen Musikkollegen nicht auf Training allein beschränkt. "Das Ballett trainiert Montag bis Freitag um 11 Uhr per Videokonferenz mit den Ballettmeistern. Für das stundenlange alleinige Training zu Hause haben sie extra einen Tanzteppich geliefert bekommen", sagt Opern-Sprecherin Patricia Grünzweig.
Die Sänger und Instrumentalisten seien dagegen mit dem individuellen Studieren von Rollen und Partien beauftragt. Das gehöre ohnehin zum Alltag - fehlen würden die täglichen Proben in der Oper.
Die Opernfreunde müssen dennoch nicht ganz auf ihre Stars verzichten. "Wir veröffentlichen Videohäppchen zum Beispiel in den sozialen Medien. Und jeden Donnerstag um 18 Uhr beantwortet ein Solist über Facebook live Fragen der Follower", sagt Grünzweig. Zehn Opernmitarbeiter haben sich zudem Ende April freiwillig bei den Leipziger Verkehrsbetrieben gemeldet.
Hofkonzerte für die Pflege
Das gilt auch für Mitarbeiter des Schauspiels und des Gewandhauses. Während die Verwaltungen mit vielen Rückabwicklungen hochbeschäftigt sind und die Techniker im Gewandhaus fleißig am zweiten Bauabschnitt des Konzertpodiums arbeiten, müssen die 185 Musiker meist allein zu Hause üben. Nachdem das Open-Air "Klassik airleben" im Juli abgesagt wurde, ist nun der Spielzeitstart am 12. September das neue Ziel. Live-Konzerte gibt es dennoch: "Wir spielen seit 7. Mai Hofkonzerte mit Solomusikern und kleinen Ensembles für Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen", verrät Gewandhaus-Sprecher Dirk Steiner. Zudem gibt es neben den Aufzeichnungen früherer Konzerte auf www.gewandhausorchester.de/stream seit 4. Mai neues Material unter www.leipzigklingtweiter.de. "Wir produzieren eigens für das Internet kleine Kammerformate, für die wir auch freischaffende Künstler der Leipziger Musikszene einbinden", sagt Steiner. So wird jeden Montag ein Video von Gewandhausmusikern und jeden Dienstag eines von freien Künstlern eingestellt.
Dazu sollen Tutorials zur Musikvermittlung für Jugendliche und Kinder kommen, die beispielsweise erklären, wie ein Musikinstrument funktioniert.
Theater der Jungen Welt: "Zusammenhalten"
Das Spielzeitmotto des Theaters der Jungen Welt "Zusammen.Finden" bedeutet in diesen Tagen auch "Zusammenhalten". Statt sich bei den Proben zu sehen, laden die Schauspieler in ihre Wohnzimmer ein und zeigen zum Beispiel Lese-Auszüge aus dem aktuellen Repertoire oder Tutorials zum Maskenbasteln aus Papier für Kinder.
Geplante Premieren wie "Traumweh" mit Benjamin Vinnen, das ab 29. Mai in mehreren Folgen online gezeigt wird, und die Uraufführung von "Der Schweinehirt" von Thomas Brasch kommen auf die digitale Bühne. Und das trotz besonders widriger Umstände, wie Intendant Jürgen Zielinski berichtet: "Unsere Gastdramaturgin Petra Fischer sitzt in Zürich fest und kann von dort nur über Mail, Telefon oder Video kommunizieren."
Für das Sommertheater, das in seiner geplanten Form nicht stattfinden kann, hat Zielinski ebenfalls Ideen: "Ein Video von einer Fahrt durch den Karl-Heine-Kanal wäre denkbar - als abgespeckte Version mit Schauspielern am Ufer. Den Drehtermin würden wir nicht veröffentlichen, damit nicht extra Zuschauer kommen."
Neu sind Sendungen des Theaters der Jungen Welt bei Leipzig-Fernsehen, die im Mai ausgestrahlt werden - mit ganzen Stücken, Ausschnitten, Musik und Kinder- und Familienformaten. Eine Übersicht über alle Sendungen gibt es unter www.tdjw.de/tdjw-wohnzimmer.
Auf Küchenbrettern
Auch das Schauspiel ist online sehr aktiv. Der vierte Teil des Kafka-Netzprojektes "k." wird am heutigen 9. Mai um 19 Uhr gezeigt und am 11., 12. und 13. Mai wiederholt. Dafür proben die Schauspieler über den Videodienst Zoom, über den auch ausgestrahlt wird (Anmeldung unter: besucherservice@schauspiel-leipzig.de).
Außerdem werden Mini-Monologe aus dem aktuellen Repertoire unter dem Motto "Küchenbretter, die die Welt bedeuten" auf den Social-Media-Kanälen des Schauspiels gezeigt. Dazu gibt es unter www.schauspiel-leipzig.de dienstags und donnerstags ab 14 Uhr für 24 Stunden Mitschnitte von Inszenierungen.
Von 14. bis 17. Mai ist eine verkleinerte Online-Ausgabe des Festivals "ClubConvention" geplant. Und das Festival "4+1 - ein Treffen junger AutorInnen" wird vom 22. bis 27. Juni online gezeigt.
Schauspiel-Mitarbeiter aus Ankleide und Ausstattung nähen derweil in den Theaterwerkstätten mit an Masken und Schutzkleidung. Der Probenbetrieb vor Ort unter Corona-Bedingungen ist in Vorbereitung - damit man auf mögliche Auftritte in der neuen Spielzeit vorbereitet ist.