Zetkin, Clara - Leipziger Frauenporträts
Clara Zetkin,1892 © Landesmedienzentrum Baden-Württemberg Bilder vergrößert anzeigen
Rubrik
- Frauenbewegung
- Politik
geboren/ gestorben
5. Juli 1857 (Wiederau) - 20. Juni 1933 (Archangelskoje bei Moskau)
Zitat
"Wie der Arbeiter vom Kapitalisten unterjocht wird, so die Frau vom Manne; und sie wird unterjocht bleiben, solange sie nicht wirtschaftlich unabhängig dasteht."
(Rede auf dem Internationalen Arbeiterkongress in Paris am 19. Juli 1889 in Paris)
Kurzporträt
Clara Zetkin - Journalistin, Sozialistin, Kommunistin, Internationalistin, Friedensaktivistin, Feministin - war eine der bedeutendsten Vertreterinnen der proletarischen Frauen- und der Arbeiter/-innen-Bewegung, Herausgeberin der Zeitschrift „Die Gleichheit“, Mitinitiatorin des Internationalen Frauentags (1910), Abgeordnete des Reichstags. Sie war auch Pädagogin, Literatur- und Kunsthistorikerin, Rednerin.
Herkunftsfamilie
- Vater: Gottfried Eißner (1806-1875), Lehrer und Organist
- Mutter: Josephine Franziska Elisabeth Eißner, geborene Vitale, verwitwet Richter (1822-1906)
- Geschwister:
- Arthur Eißner (1859-1931)
- Gertrud Eißner, später Kondruß (1862-1932)
- dazu vier Halbgeschwister aus den ersten Ehen der Eltern
Biografie
Clara Eißner wuchs in Wiederau auf, in einer Familie, die den Idealen der Französischen Revolution und der Aufklärung verbunden war. Der christliche Vater, Gottfried Eißner, war Lehrer von Beruf und Kantor, die Mutter Josephine Vitale, im liberal-bürgerlichen Leipziger Milieu aufgewachsen, war aktiv in der bürgerlichen Frauenbewegung und als Mitglied des Allgemeinen Deutschen Frauenvereins (ADF) mit Louise Otto-Peters und Auguste Schmidt bekannt.
1872 siedelten die Eltern nach Leipzig über, um ihren Kindern die Fortsetzung ihrer Ausbildung zu ermöglichen. Die Familie wohnte zunächst am Stadtrand, zog später ins Stadtinnere. Dank der Beziehungen ihrer Mutter zu den Führerinnen der Frauenbewegung bekam Clara 1874 im vom Auguste Schmidt geleiteten von Steyberschen Institut mit angeschlossenem Lehrerinnen-Seminar in der Nordstraße 38 eine Freistelle. Als eine der besten Schülerinnen durfte sie an den Teenachmittagen von Louise Otto-Peters und Auguste Schmidt teilnehmen. 1878 schloss sie ihr Studium als Fachlehrerin für moderne Sprachen ab, übte Hauslehrerinnentätigkeiten unter anderem in Leipzig-Connewitz und in Wermsdorf bei Leipzig sowie im österreichischen Traunstein aus.
In einem Leipziger Studentenzirkel lernte Clara durch ihre russische Freundin Warwara den Tischler Ossip Zetkin, einen sozialdemokratischen Emigranten aus Russland, kennen. Sie trat 1878 in die Sozialistische Arbeiterpartei (SAP) ein. Ihre politischen Freundschaften und ihr Engagement in der Arbeiterbewegung führten zum Bruch mit der Familie und den Lehrerinnen.
Nach einer Etappe in Zürich, wo ihr der illegale Vertrieb der in Zürich gedruckten Zeitung "Sozialdemokrat" anvertraut wurde, folgte Clara Ossip Zetkin ins Pariser Exil (1882-1889) - beide versuchten mit Sprachunterricht, Übersetzungen und Artikeln sich und ihre zwei Kinder über Wasser zu halten. Das Paar verkehrte in russischen, französischen und deutschen Kreisen der Arbeiterbewegung.
Waren die Leipziger Jahre prägend für die weitere Entwicklung von Clara Zetkin und hatten die Grundlage zu eigenständiger Berufstätigkeit gelegt, so wurden die Pariser Jahre zu einer Phase der politischen Bildung - sie widmete dem Studium der marxistischen Theorie viel Zeit und wurde zu einer Internationalistin. Im Todesjahr von Ossip Zetkin, der an Tuberkulose starb, hielt sie ihre viel beachtete Rede über die Befreiung der Frau auf dem Internationalen Arbeiterkongress in Paris 1889. Damit begann auch ihre politische Karriere. Sie sollte zu einer der bedeutendsten Agitatorinnen der Sozialdemokratie und der proletarischen Frauenbewegung werden.
Nach dem Fall des Sozialistengesetzes 1890 kehrte die junge Witwe mit ihren beiden Söhnen Maxim (1883-1963) und Kostja (1885-1980) nach Deutschland zurück - sie sollte später den jungen Maler Friedrich Zundel (1875-1948) heiraten und mit ihm in Sillenbuch bei Stuttgart leben. Sie übernahm 1891 die Redaktion der proletarischen Frauenzeitschrift "Die Gleichheit" in Stuttgart. 1895 wurde sie als erste Frau in ein leitendes Organ der sozialdemokratischen Partei, 1907 als Sekretärin des Internationalen Frauensekretariats der sozialistischen Arbeiterinternationale gewählt. Als solche initiierte sie 1910 den Internationalen Frauentag. Clara Zetkin war aktiv für das Recht der Frauen auf Erwerbsarbeit und auf gewerkschaftliche Organisierung, für das Frauenwahlrecht, für eigenständige Frauenstrukturen, für das Recht der Frau "über sich selbst zu verfügen" (so in der Broschüre "Der Student und das Weib"), und gegen den Krieg - so auf den Basler und Berner Sozialisten-Konferenzen 1912 und 1915. Sie wurde wegen ihrer antimilitaristischen Haltung inhaftiert, 1917 von der SPD nach 27 Jahren als Redakteurin der "Gleichheit" entlassen. 1917 trat sie der USPD, 1919 der KPD bei, in deren Leitung sie gewählt wurde. Die Ermordung ihrer Freundin Rosa Luxemburg traf sie zutiefst. Dies war auch die Zeit der schmerzhaften Trennung von Friedrich Zundel.
Die russische Oktoberrevolution 1917 wurde für Clara Zetkin zu einem Lichtblick und zur politischen Hoffnung. Sie führte intensive Gespräche mit Lenin, war unter anderem mit dessen Frau Nadeshda Krupskaja und mit Alexandra Kollontai befreundet und verbrachte viel Zeit in der Sowjetunion - nicht zuletzt krankheitsbedingt auf Kuren.
Während der Weimarer Republik nahm Clara Zetkin umfangreiche politische Aufgaben wahr: als Abgeordnete des deutschen Reichstags, als Mitglied der KPD-Zentrale, als Mitglied des Exekutivkomitees der Kommunistischen Internationale (EKKI) - sie stand öfters in Opposition zur Politik der KP-Führung und zu Stalin. Als Vorsitzende der Internationalen Arbeiterhilfe und der Internationalen Roten Hilfe organisierte sie unter anderem Kampagnen gegen die Hungersnot in Russland, zur Rettung von Sacco und Vanzetti sowie Solidaritätswochen. Sie leitete mehrere Zeitungen und verfolgte weiter ihr Hauptanliegen, die Befreiung der Frau - sie entwickelte 1920 die Richtlinien für die Frauenarbeit der Kommunistischen Partei und war Vorsitzende des Roten Frauen- und Mädchenbunds.
Bereits 1923 setzte sie sich mit dem Faschismus auseinander und rief zur Einheitsfront dagegen auf. 1932 hielt die 75-Jährige ihre letzte Rede als Alterspräsidentin des Deutschen Reichstags in Berlin. Nach ihrem Tod am 20. Juni 1933 in Archangelskoje bei Moskau, wo sie sich krankheitsbedingt im Exil aufhielt, wurde sie an der Kremlmauer in Moskau beigesetzt.
Seit 2011 verleiht die Partei Die Linke einen mit 3.000 Euro dotierten Clara-Zetkin-Frauenpreis, "um herausragende Leistungen von Frauen in Gesellschaft und Politik zu würdigen".
Werke
- Ausgewählte Reden und Schriften, Band I-III, Berlin 1957-1960.
- Der Student und das Weib (Berlin 1899): in Marxistische Blätter 3/1995.
- Zur Geschichte der proletarischen Frauenbewegung Deutschlands (1928), Berlin 1958.
- Zur Theorie und Taktik der kommunistischen Bewegung, Leipzig 1974.
- Kunst und Proletariat, Berlin 1977.
- Für die Sowjetmacht, Artikel, Reden und Briefe 1917-1933, Berlin 1977.
- Erinnerungen an Lenin. Mit einem Anhang: Aus dem Briefwechsel Clara Zetkins mit W.I. Lenin und N.K. Krupskaja, Berlin 1975.
Adressen in Leipzig
Die Familie Eißner wohnte nach 1872 zunächst in einem Notquartier am Stadtrand, später in der Nähe der Pleißenburg, des heutigen Leipziger Neuen Rathauses, und schließlich bis 1878 in der Moschelesstraße 8.
Erinnerung/ Gedenken/ Würdigung in Leipzig
- Clara-Zetkin-Park: 1955 wurden mehrere historische Parkanlagen unter dem Namen "Zentraler Kulturpark Clara Zetkin" vereinigt. Bis 2011 war es die größte Parkanlage Leipzigs. Danach wurden mehrere Parks aus dem Clara-Zetkin-Park ausgegliedert.
- Clara-Zetkin-Denkmal im Johanna-Park seit 1967: Das Bronzebild wurde vom Bildhauer Professor Walter Arnold entworfen. Es befindet sich im südlichen Zipfel des Parks.
Zum Weiterlesen/ Literatur/ Quellen
- Gilbert Badia: Clara Zetkin. Eine neue Biographie, Berlin 1994.
- Susanne Doberschütz: Clara Zetkin und Leipzig. Zur Geschichte des Clara-Zetkin-Parks und des Clara-Zetkin-Denkmals in Leipzig. In Susanne Schötz (Herausgeberin): Frauenalltag in Leipzig, Leipzig 1997.
- Astrid Franzke: Clara Zetkin und Auguste Schmidt- die Schülerin und die Lehrerin, in: "Ich kann nicht gegen meine Überzeugung handeln". Clara Zetkin zum 150. Geburtstag, herausgegeben von Astrid Franzke und Ilse Nagelschmidt, Rosa-Luxemburg-Stiftung Sachsen, Leipzig 2008.
- Astrid Franzke: Josephine Eißner. Offizierstochter, Lehrersfrau, Mutter von Clara Zetkin, in : Leipziger Lerchen, 3. Folge, LOUISEum 11, Leipzig 2002.
- Florence Hervé (Herausgeberin): Clara Zetkin oder: Dort kämpfen, wo das Leben ist. Berlin 2011 (3. Auflage).
Autorin: Florence Hervè, 2014